Welchen Stellenwert hat der Frieden bei den neuen Grünen noch?
ein Meinungsbeitrag von Michael Mentzel
Mit einem Außenminister der Bündnis90/Die Grünen – sein Name ist Josef Fischer – zog Deutschland 1998 zum ersten Mal seit dem Ende des zweiten Weltkriegs wieder in den Krieg. Eine Zäsur, wie sie damals für viele Wähler der grünen Partei, deren Markenkern neben der ökologischen Ausrichtung auch in der Friedenspolitik ihren Ausdruck fand, eine Katastrophe bedeutete. Selbst wenn von der Koalition aus SPD und den Grünen 2003 von einer direkten Teilnahme am Irak-Krieg Abstand genommen wurde, ist seitdem die Frage von Krieg und Frieden sehr deutlich in den Hintergrund getreten. Namen wie Ralf Fücks oder Marie-Luise Beck standen für dieses veränderte Bild einer Partei, die diesem Teil des Markenkerns nur noch wenig Raum gibt.
Ein deutliches Beispiel dafür scheint mir die kurze Rede von Anna Lena Baerbock zur grünen Entscheidung ihrer Kanzlerkandidatur zu sein. Daran, dass die Problematik des Weltklimas eine der vordringlichsten Aufgaben einer wie auch immer gearteten Regierung ist, dürfte wohl wenig Zweifel bestehen und auf diese wichtige Problematik wurde selbstverständlich auch von Frau Baerbock hingewiesen. Hinweise auf eine fragile Situation in Fragen der Außenpolitik speziell im Verhältnis Russland-USA-Europa aber scheinen wohl tatsächlich aus der Mode geraten zu sein. Die Zeichen stehen derzeit offensichtlich auf Konfrontation und Machtdemonstrationen militärischer Art.
Für eine Partei die einmal als Umwelt- u n d Friedenspartei mit einem pazifistischen Anspruch und Menschen wie Petra Kelly, Roland Vogt, Hans-Christian Ströbele und vielen anderen angetreten waren, diese Republik zu verändern, ist die gegenwärtige Ausrichtung schlicht ein Armutszeugnis. 400000 Menschen standen 1983 (Ja, es i s t lange her!) auf der Bonner Hofgartenwiese und gaben diesem neuen Anspruch damals eine Stimme und auch ein Gesicht.
Vielleicht ist es aus der Zeit gefallen, wie es immer so schön weise und staatstragend formuliert wird, weil die Protagonisten von damals schon tot oder in einer nicht näher benannten Versenkung verschwunden sind; aber seien wir ehrlich: Nichts hat sich verändert. Der schöne Spruch von Helmut Kohl vom "Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" war nett. Mehr aber auch nicht. Denn immer mehr Waffen werden zu immer mehr bewaffneten Auseinandersetzungen benötigt. Die von den Amerikanern und der Nato geforderte zweiprozentige Erhöhung des Wehretats steht schon gar nicht mehr zur Debatte und im Verteidigungsministerium (ehrlicher: Kriegsministerium) wurden unter der Ägide einer inzwischen nach Brüssel weggelobten Ministerin Millionen Euros für "Beratungen" aus dem Fenster geworfen. Und es ist niemand mehr da, der einem solchen Treiben Einhalt gebieten könnte.[1]
In Coronazeiten gibt es wichtigere Dinge als Frieden. Zum Beispiel Nato-Manöver, an denen auch die Bundeswehr beteiligt sein muss. Hoffentlich dürfen die Soldaten dann nach 22.00 Uhr noch zum Kriegsspielen raus.[2]
Die grüne Kanzlerkandidatin laut Wirtschaftswoche: "… Anna Lena Baerbock plädiert für einen harten Kurs gegenüber Russland und China. Angesichts des militärischen Verhaltens Russlands im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt sei es das Wichtigste, „den Druck auf Russland zu erhöhen“, sagte die Co-Chefin der Grünen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ laut Vorabmeldung."[3]
Wer nach derlei Ankündigungen ernsthaft glaubt, es würde sich – wenn es denn dazu käme – im Hinblick auf die Außenpolitik mit einer grünen Kanzlerin etwas Bahnbrechendes ereignen oder verändern, glaubt vermutlich auch noch an den Weihnachtsmann. Ein Umstand, den ich angesichts der derzeitigen politischen Zustände in Deutschland allerdings fast für vernünftiger halte.
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[1] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw37-de-verteidigung-652692[2] https://www.lr-online.de/nachrichten/brandenburg/defender-europe-21-gross-manoever-der-usa-_-was-kommt-auf-die-lausitz-zu_-54880745.html
[3] https://www.wiwo.de/politik/deutschland/gruenen-kanzlerkandidatin-baerbock-fordert-harten-kurs-gegenueber-russland-und-china/27128832.html
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Druck auf Russland erhöhen!(?) Lena Baerbock ( Partei / DIE GRÜNEN)
Bei solchem Satz kann man eigentlich nur noch Lachen.
Lena sollte mal auf den Globus blicken und darüberhinaus sich mit der Geschichte von Russland und China beschäftigen bevor die Frau solche
Worthülsen von sich gibt. Noch alle Tassen im Schrank?
Wolfgang Püschel
Grevenburg,den 27.August 2021
http://www.tiersteinskulpturen.de