Telefon, Toaster, Transformator
Wolfgang G.Voegele –
Nachdem ich mich in der Vergangenheit bereits der Legende vom Impfgegner Steiner gewidmet habe, ("Rudolf Steiner ein Impfgegner?" in TdZ aktuell, vom 6. Mai 2020), weise ich hier eine weitere Legende zurück, nämlich die von Steiners Technikfeindlichkeit. Diese wird zumeist von Kritikern verbreitet, die sich zum Agnostizismus bekennen. In ihrem Rundumschlag gegen alles Irrationale haben sie sich besonders Steiner als Feindbild erkoren. Dieser habe angeblich in Elektrizität und Maschinen menschenfeindliche Dämonen gesehen und davor gewarnt, elektrisches Licht, Telefon, Grammophone oder Strassenbahnen zu benutzen. Auf seine obskure Dämonologie soll die Skepsis der Waldorfschulen gegenüber digitalen Medien zurückgehen.(1)
In der Tat hat Steiner frühzeitig schädliche Tendenzen der Zivilisation erkannt und ihre spirituellen Hintergründe beschrieben, doch hielt er eine Vermeidungshaltung für falsch: "Menschliche Bequemlichkeit könnte sagen: Also fahre ich nicht auf einer elektrischen Bahn.[…] Aber das alles wäre Unsinn, wäre richtiger Unsinn. Denn es handelt sich nicht darum, irgend etwas zu meiden, sondern sich Klarheit, Einsicht in die ehernen Notwendigkeiten des Menschheitsganges zu verschaffen."(2)
"Deshalb werden wir nun nicht etwa ein Lob anstimmen auf die, welche da sagen: Also muss man sich möglichst schützen vor den Dämonen und die Kultur fliehen, muss sich möglichst in der Einsamkeit eine Kolonie erbauen […] Aber nicht um ein Zurückziehen von der ahrimanisch durchsetzten äusseren Welt kann es sich heute handeln, sondern um ein […] sich Starkmachen gegenüber diesen ahrimanischen Kräften."(3)
"Man spricht ja wohl davon, dass es Luzifer gibt, dass es Ahriman gibt, aber indem man von Luzifer und Ahriman spricht, spricht man sehr häufig so, als wenn man sie fliehen müsste […] Nicht dadurch, dass man sagt: Luzifer! Ich fliehe ihn; Ahriman! Ich fliehe ihn – stellt man sich zu ihnen in das richtige Verhältnis, sondern dadurch, dass man das, was der Mensch infolge des Christus-Impulses anzustreben hat, betrachtet wie die Gleichgewichtslage eines Pendels."(4)
Diese Erkenntnis war für Steiner so zentral, dass er sie in einer grossen Holzskulptur umzusetzen versuchte, die den Bühnenhintergrund des Goetheanums bilden sollte. Auch hier geht es nicht um Verdammung der beiden Widersacher, die im Kosmos und im Menschen wirksam sind, sondern um Gegengewicht und Ausgleich. Diese "neue Trinität", die den Theosophen völlig fremd war, wird auch von konfessioneller Seite, die nur den Dualismus Gott – Teufel kennt, als ketzerisch empfunden.
In anthroposophischen Kreisen gab es durchaus mystisch-weltflüchtige (luziferische) Tendenzen, oft verbunden mit einer Abneigung gegen wissenschaftliches Denken. Das war vermutlich ein Erbe aus der theosophischen Zeit, dem Steiner den Boden zu entziehen suchte, indem er etwa zahlreiche konkrete Übungen zur praktischen Ausbildung des Denkens gab. Auch lag ihm Fanatismus in Gesundheits- oder Ernährungsfragen fern: "Wir müssen den äußeren Tatsachen gewachsen sein […] Die Geisteswissenschaft wird die Menschen stark machen."(5)
"Weil gerade die grössten Errungenschaften des äusseren Lebens den Menschen materialistisch machen müssen, bedarf er des Gegengewichtes der Geisteswissenschaft (…) Unsere Kultur wird immer grössere und grössere Fortschritte machen; aber (…) Seelenglück und Seelenfrische und Seelenharmonie und Seelenleben müssten unter dem Einfluss der materiellen Kultur ersterben, wenn nicht Geisteswissenschaft den Menschenseelen die Spiritualität zuführte." (6) Durch das erkennende Aufnehmen der Anthroposophie werde "die andere Sphäre geschaffen", wodurch der Mensch gestärkt werde, um in der Welt Ahriman entgegenzutreten."(7)
Weltfremde Waldorfschule?
Steiner hielt er es für sehr wichtig, dass sich Waldorfschüler mit der neuesten Technik auseinandersetzen – nur eben im richtigen Alter und ohne sich von ihr vereinnahmen zu lassen. So führte er von Anfang an einen Technologieunterricht ein. Längst ist auch Medienpädagogik fester Bestandteil im Lehrplan der Waldorfschulen.
Was macht Kinder für das digitale Zeitalter kompetent? Der Medienexperte Rainer Patzlaff betont, die Kinder müssten in ihrer seelischen und geistigen Gesundheit gestärkt werden, um der Sogwirkung der digitalen Medien entgegenwirken zu können.(8) Waldorfschulen seien keine Gegner der Digitalisierung, meint auch der Bildungsjournalist Christian Füller: "Aber sie sagen: Bevor wir einen Digitalpakt machen, brauchen wir einen Analogpakt, so dass die Grundschüler zunächst mal lesen und schreiben lernen. Und zwar sehr gründlich." (9) Drastisch macht der Bildungsexperte Burchardt auf die Schattenseiten der Digitalisierung aufmerksam: "Die Digitalisierung der Bildung dient nicht den Kindern, sondern der IT-Branche"(10)
Technik in Steiners Lebensgang
Der Eisenbahnersohn Steiner hatte schon als Schüler von seinem Vater das Telegraphieren erlernt. An der Technischen Hochschule studierte er u.a. Maschinenbau, um nach dem Willen des Vaters Ingenieur zu werden. Im mündlichen Abitur 1879 musste er die Funktionsweise des Telefons erklären.(11) Dass Steiner trotz seiner übersinnlichen Erkenntnisse kein Träumer war und immer vernünftig und geistesgegenwärtig handelte, droht in Vergessenheit zu geraten. So konnte er einmal aufgrund seiner Kenntnisse im Eisenbahnwesen in letzter Minute ein Zugunglück verhindern.(12)
Steiner hielt die stetige Fortentwicklung der modernen Technik für notwendig und interessierte sich stets für neue Erfindungen. Ein holländischer Anthroposoph erinnerte sich an eine Episode aus dem Jahr 1923: "Mir nahm er den Tabaksbeutel, den ich versehentlich aus der Tasche zog, aus der Hand, betrachtete eingehend die damals neue Erfindung des Reißverschlusses und meinte zu mir: ‚Wie schade, dass unsereiner so etwas nicht erfunden hat!‘" (13)
Er selbst war mit Bahn, Dampfschiff und Auto unterwegs, besuchte Kinos, um ihre Wirkung zu studieren (14), benutzte seinen (erhalten gebliebenen) Dia-Projektor für Lichtbildervorträge, telegrafierte und telefonierte. Seine Dornacher Wohnung war u.a. mit einem Elektroherd, einem elektrischen Toaster und einem der ersten Radio-Empfänger (Detektor) ausgestattet. Zahlreiche Augenzeugen (z.B. die Wächter des Goetheanums) berichten, dass in Steiners Arbeitszimmer bis tief in die Nacht das (elektrische) Licht brannte.
Im ersten Goetheanum befand sich eine Lichtanlage für die Bühnenbeleuchtung. Bei der Aufführung des "Prologs im Himmel" leuchteten 60 000 Hefnerkerzen (= 40 000 Watt) (15); die zentrale Deckenbeleuchtung war 12 000 Kerzen stark.(16) Die Kostüme wurden teilweise vor Ort gefertigt: "Auf der [Goetheanum-] Bühne ratterte eine elektrische Nähmaschine, damals noch eine Neuigkeit."(17) Dennoch hatten viele Anthroposophen (noch) Angst vor der Technik: "da Elektrizität im Spiel war, gehörte das für viele zur ‚Unterwelt‘.(18)
Nach Ausbruch des Goetheanumbrandes eilte Steiner zum Heizhaus und kontrollierte im Beisein von Zeugen die Temperatur des Rücklaufwassers. Diese war normal. Steiner ging nun weiter zum Goetheanum, um im Raum unter der Bühne die elektrische Anlage zu überprüfen. Dort befanden sich die grossen Schalttafeln: "Er liess uns sämtliche Schalter betätigen, und wir konnten feststellen, dass alle Kontrolllämpchen brannten." Auch hier war alles in Ordnung. "Der gesamte Bau war dadurch erhellt. Nirgends zeigte sich ein Kurzschluss."(19)
Während Steiners Beiträge zur Pädagogik, Medizin und Landwirtschaft relativ bekannt sind, ist dies auf naturwissenschaftlichem Gebiet weniger der Fall. Steiners hat in mehreren Fachkursen über dieses Gebiet gesprochen, wobei es sein Hauptanliegen war, "grundlegende naturwissenschaftliche Gesichtspunkte darzustellen, um zu weiteren Forschungsarbeiten anzuregen, und nicht, eine neue Physik vorzustellen."(20) "Dass er den Fokus auf die Bedeutung des Beobachters und seine Bewusstseinssituation richtet, war schon vor hundert Jahren zukunftsweisend, ebenso sein interdisziplinärer Ansatz." Damit sind Perspektiven für eine Forschung eröffnet, "die nicht ökonomisch motiviert, sondern moralisch-ethisch fundiert ist."(21)
"Das Telephon wollte gar nicht stillstehen"
In der Berliner Zentrale der Bewegung wurde das Telefon eifrig genutzt. So freute sich Steiner 1921 über den Andrang zu einer ausverkaufen Eurythmie-Aufführung in den "Kammerspielen": "Die Tage vorher kamen immer wiederum, – das Telephon wollte gar nicht stillstehen – Anfragen um Karten." (22)
Auch in Dornach wurde selbstverständlich telefoniert. Steiner erwähnt in seinen Briefen oft Telefonate zwischen Dornach und den Instituten in Stuttgart. Die Basler Nationalzeitung schrieb am 2.1.23 nach dem Brand des Goetheanums: "In der Zentrale am Dornacherberg ging unaufhörlich das Telephon, um die Kunde von dem für viele Tausende so wichtigen Ereignis in die ganze Welt hinaus zu senden." (23) Die Stuttgarter Waldorflehrer konnten ihn als Leiter der Schule, wenn er von Stuttgart abwesend war, auch anrufen. In der letzten Lehrerkonferenz riet er, in gewissen Fragen "sollte man telephonisch bei mir in Dornach anfragen."(24) Wichtige Rücksprachen, z.B. mit den Schulbehörden, sollte man allerdings "nicht durchs Telephon" führen.(25)
Elektrisches Kochen
"In Bezug auf die Verwendung gewisser Stoffe und Kräfte als Wärmequelle beim Kochen der menschlichen Nahrung sind leider sehr viele irreführende, ja unsinnige Auffassungen verbreitet. Man behauptet vor allem, dass R. Steiner vor der Verwendung von ‚elektrischer Wärme‘ gewarnt und an deren Stelle den Gebrauch von Kohle, Holz oder Gas empfohlen habe […] Folgendes ist sichergestellt worden: Ungefähr 1917 ist im Haus Hansi (Wohnung von Herrn und Frau Dr. Steiner) ein elektrischer Kochofen neben dem vorhandenen Gasherd und Kohlenherd eingerichtet worden. Dies und die laufende Verwendung des elektrischen Ofens war R. Steiner selbstverständlich bekannt.
Während der Krankheit R. Steiners wurde im ‚Atelier‘, d.h. in einem Nebenraum desselben, eine elektrische Kochplatte eingerichtet, auf welcher kleine Mahlzeiten für R. Steiner zubereitet wurden. Auch dies war R. Steiner selbstverständlich bekannt. Frau Dr. Kirchner-Bockholt, eine Mitarbeiterin von Dr. Wegman, bezeichnete es als ganz unmöglich, dass Frau Dr. Wegman das ‚elektrische Kochen‘ erlaubt hätte, wenn ihr auch nur die leiseste Andeutung R.Steiners gegen die Verwendung einer elektrischen Kocheinrichtung bekannt gewesen wäre." (26)
Steiners Toaster
Die beim Bau des ersten Goetheanum beschäftigten Arbeiter und Handwerker hatten für die Instandsetzung (Wartung) aller Bauten auf dem Gelände, aber auch für die kleinen Reparaturen zu sorgen. Der Grazer Elektroingenieur Viktor Stracke (1903-1991), der von 1920 bis 1923 für die Einrichtung der dortigen Bühnenbeleuchtung mitverantwortlich war, erinnert sich: "Oft kam z.B. auch Fräulein Lehmann (Steiners Haushälterin) im Laufe dieser Jahre und brachte den elektrischen Brotröster aus der Villa 'Hansi', Dr. Steiner hatte also offenbar keine Bedenken, sein Brot am Tisch elektrisch zu rösten!"(27)
Für einen Waldorfschüler empfahl Steiner einmal: "Wenn er Brot isst, versuchen Sie es ihm zu rösten, dass möglichst wenig Wasser darin ist." (28)
Ein Radioempfänger in Steiners Wohnung?
Günther Wachsmuth, der als Sekretär und Reisebegleiter Steiners fungierte, leitete seit 1923 die naturwissenschaftliche Sektion am Goetheanum. Gemeinsam mit anderen Naturwissenschaftlern suchte er nach einer "alternativen Technik" und erwähnte Steiner gegenüber auch das Radio:
"Es war ja damals die Zeit, in der nach dem Übergang von der Funkentelegraphie zum Radio die Radioapparate, die vorher nur speziellen Zwecken gedient hatten und, verglichen mit heute, noch eine sehr primitive Konstruktion aufwiesen, nun mit dem Fortschritt der Technik allmählich auch in die Privathäuser eindrangen und damit begannen, einen sehr weitgehenden Einfluss auf das tägliche Leben der Menschen zu erobern. Ich hatte so ein primitives Ding mit auswechselbaren Spulen […] in meiner Wohnung, und als ich Rudolf Steiner fragte, ob ich ihm auch eines einbauen solle, hatte er nichts dagegen. Doch verschonten wir sein Atelier dann hiervon."(29)
Wachsmuth dürfte also ein solches Gerät (einen Detektor-Empfänger mit Kopfhörern) in einem Raum der Villa Hansi "eingebaut" haben.
"Das Problem, das uns nun beschäftigte", so Wachsmuth weiter, "war dies, dass hier zur Übertragung der Sprache, des Wortes, also der höchsten und edelsten Äusserung des Menschen, eine Apparatur dient, die mit Elektrizität und Magnetismus, mit Kräften und mechanischen Mitteln arbeitet, die den feinsten Lebensprozessen, wie sie in der menschlichen Sprache am Werk sind, völlig fremd bleiben. In einem Gespräch, das ich, gemeinsam mit Dr. von Dechend, hierüber mit Rudolf Steiner hatte, legten wir ihm darum die Frage vor, ob es nicht möglich sei, ein feineres Reagens für die geistigen und physischen Gestaltungskräfte der menschlichen Sprache zu finden. Nach kurzem Nachdenken sagte er: Da müssen Sie mit der empfindlichen Flamme arbeiten […] Er erinnerte dann an die Entdeckung Tyndalls, der die feinen Änderungen in offen brennenden Gasflammen durch Geräusche, Töne und Worte im gleichen Raume beobachtet hatte, und gab uns den Rat, unsere Gedanken und Versuche in dieser Richtung zu konzentrieren."(30) Aus diesen Hinweisen sind dann im physikalischen Laboratorium in Dornach umfangreiche Versuchsreihen hervorgegangen.
Im September 1924 fragte ihn Wachsmuth, ob es möglich wäre, Vorträge durch Radio – etwa mit einem Sender am Goetheanum – zu verbreiten, jedoch so, dass nur Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft diese Sendungen empfangen könnten. Aus der Antwort Steiners lässt sich schliessen, dass er schon Radio gehört hatte: "In dem bisherigen Gebrauch des Radios geht der Einfluss der Stimme der Persönlichkeit verloren. Es muss zuerst ermöglicht werden, dass die Persönlichkeitsnuance der Stimme erhalten bleibt und nicht mechanisiert wird. Man könnte dies dadurch erreichen, dass man eine Flamme als Detektor verwendet. Dies wäre eine Vorbedingung. Man müsste einen Schlüssel ausarbeiten, so dass nur jene empfangen können, welche man teilnehmen lassen will."(31)
Technische Zweckbauten
Auf dem Dornacher Gelände liess Steiner zwei technische Zweckbauten errichten: das Heiz- oder Kesselhaus und das Transformatorenhaus. Das schon 1913 entworfene Heizhaus diente der Heizung und Beleuchtung des Goetheanums. Gerade für die künstlerische Formung von Zweckbauten gelte nach Steiner ein Prinzip aller Kunst: das Innere im Äusseren darzustellen.Die "Gottverlassenheit der modernen industriellen Kultur" könne überwunden werden, indem man die schöpferischen Kräfte der Natur nachbildet. Angestrebt werde eine sinngemässe Schönheit trotz ihres prosaischen Zweckes. Die ursprüngliche Kohleheizung wurde in den 1990er Jahren durch ein gasgetriebenes Blockheizkraftwerk ersetzt, wodurch es möglich wurde, noch 15 weitere Gebäude zu beheizen. Das Heizhaus produziert rund 250 kW Wärme und 190 kW Elektrizität.
Im Südwesten des Hügels steht ein weiterer bemerkenswerter Zweckbau: das Transformatorenhaus, das vom örtlichen Elektrizitätswerk betrieben wird und der öffentlichen Stromversorgung dient. Das von Rudolf Steiner entworfene und 1921 von Paul Bay ausgeführte Trafohaus steht unter kantonalem Denkmalschutz. Es fällt durch seine in alle Himmelsrichtungen reichenden kubischen Auskragungen mit Satteldächern auf. An diesen "Häuschen" sind die Isolatoren angebracht. In einem Fachbuch über Turmtransformatoren keisst es, "Rudolf Steiner fürchtete, dass ihm eine 'heimtümlich verkleidete Hütte' oder ein 'Schweizer Häuschen als Trafo in die Anthroposophenkolonie gestellt würde und griff selbst in die Planung ein. Dieser Trafoturm ist weit über die Landesgrenzen bekannt geworden."(32)
Der Architekturhistoriker Wolfgang Pehnt schreibt, in der Zeit zwischen den Weltkriegen sei kaum versucht worden, den Vorgang Stromzufuhr, Umwandlung und Verteilung gestalterisch zum Ausdruck zu bringen, "es sei denn, ein Mann wie Rudolf Steiner […] vermochte diesen Vorgang intellektuell umzusetzen und zu einem Ereignis zu machen." (33)
foto: mit freundlicher Genehmigung von www.trafoturm.eu
Anmerkungen
- In der Rolle eines Frontkämpfers gegen Anthroposophie gefällt sich der atheistische Blogger Oliver Rautenberg (anthroposophie.blog). Er behauptet beispielsweise, Waldorfschüler lernten, dass in Kerzen gute Geister, in Glühbirnen aber Dämonen wohnen. Als Quelle nennt er Dr. Meyer-Bendrat, EFH Hannover, zit. in: Charlotte Rudolph. Waldorf-Erziehung, 1987
Der US-amerikanische Historiker Peter Staudenmaier, der sich als Agnostizist bezeichnet und auch unter „progressiven Anthroposophen“ einige Bewunderer hat, schreibt in einem Artikel: „Die seltsamen Vorlieben der Anthroposophie prägen auch den Waldorf-Lehrplan. Jazz und Unterhaltungsmusik werden in europäischen Waldorfschulen oft verachtet und Musikkonserven werden allgemein missbilligt: diese Phänomene sollen dämonischen Wesen Unterschlupf bieten.[…] Zusammen mit ihrer durchgehenden Technik- und Wissenschaftsfeindlichkeit, ihrer Skepsis gegenüber rationalem Denken und den gelegentlichen Ausbrüchen von rassistischem Unsinn zeigen diese Faktoren, dass Waldorfunterricht genau so fragwürdig ist wie die anderen Aspekte des anthroposophischen Unternehmens.“ (Peter Staudenmaier: Anthroposophy and Ecofascism. Institute for Social Ecology, 2009, abgerufen am 29.8.2020) - Rudolf Steiner: Vortrag Dornach, 6. Oktober 1917, GA 177, S.72.
- Rudolf Steiner: Vortrag Berlin, 19. Januar 1915, GA 157, S.108.
- Rudolf Steiner: Vortrag Prag, 18. Mai, 1915, GA 159, S.250 f.
- Rudolf Steiner: Vortrag München, 5. Dezember 1907, GA 56, S. 221, 225.
- Rudolf Steiner: Vortrag Bergen, 11. Oktober 1913, GA 170, S. 362.
- Rudolf Steiner: Anthroposophische Leitsätze, GA 26, Dornach 1989, S.258.
- Rainer Patzlaff, in: Andrea Röthe: Bienenschutz, Digitalpakt und jede Menge Spaß. September 2019, www.waldorfschule-rastatt.de
- Christian Füller im Gespräch mit Dieter Kassel, Deutschlandfunk Kultur, 6.9.2019, abgerufen am 22.8.2020.
- Interview mit Matthias Burchardt, Kreiszeitung Diepholz, 4.11. 2019, abgerufen am 22.8.2020.
- Rudolf Steiner: Autobiographischer Vortrag Berlin, 4. Februar 1913, in: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 83/84, Dornach 1984, S. 16.
- Wolfgang G. Vögele (Hrsg.): Sie Mensch von einem Menschen! Rudolf Steiner in Anekdoten. Basel 2012, S. 167.
- Willem Zeylmans van Emmichoven, in: Wir erlebten Rudolf Steiner, Stuttgart 1956, S. 264.
- Reto Andrea Salvodelli: Rudolf Steiner über das Kino. Zur Genealogie des Films. Basel 2017.
- Thomas Meyer (Hrsg.): Ein Leben für den Geist. Ehrenfried Pfeiffer (1899-1961), Basel 2003, S. 77 (im folgenden abgekürzt: Pfeiffer)
- Pfeiffer, S. 79.
- Viktor Stracke: Erinnerungen 1920-1923, von der Bühnenbeleuchtung. Rudolf Steiner Archiv (unveröffentlichtes Typoskript, S. 14). Im folgenden abgekürzt: Stracke.
- Stracke, S. 15.
- Heinz Müller: Spuren auf dem Weg. Erinnerungen. Stuttgart 1983, S. 61.
- Rudolf Steiner Verlag: Gesamtverzeichnis 2018, S. 86.
- a.a.O., S. 85.
- Rudolf Steiner: Sondervortrag, Dornach, 25. September 1921, vorgesehen für GA 255).
- Zit. nach GA 259, S. 775.
- GA 300c, 3. September 1924, S. 191.
- GA 300a, 22. September 1920, S. 217.
- Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft 122, Dornach 2000, S. 36, im folgenden abgekürzt: Heft 122.
- Stracke, S. 3
- GA 300c, 31.Juli 1923, S. 82.
- Günther Wachsmuth, in: Wir erlebten Rudolf Steiner.Stuttgart 1967, S.232.
- Wachsmuth, a.a.O.
- Heft 122, S. 18. Das Heft dokumentiert Aufgabenstellungen Steiners für wissenschaftliche und technische Forschungen und enthält weitere Ausführungen zum Radio.
- Yvonne Scheiwiller: Trafoturm – Turmtrafo. Schweizer Turmtransformatoren.Schwyz 2013, S. 111f.
- Wolfgang Pehnt: Architektur des Expressionismus. Stuttgart 1981, zit. nach Michael Neumann: Zwischen Kraftwerk und Steckdose. Marburg 1987, S. 51
7 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Über diesen Artikel wurde ich auf den Artikel "Rudolf Steiner ein Impfgegner" aufmerksam und haben ihn über diese Seite nicht gefunden.
Erst ein beherztes googlen führe wieder auf eure Seite.
Wie hätte ich das einfacher haben können?
Sie haben Recht, es ist etwas umständlich. Wir müssen darüber mal nachdenken. Was Steiner-Texte betrifft, immer mal auf der Startseite die Rubrik (in diesem Falle "damals") anklicken.
Danke.
Sehr gut. Aufklärung tut not.
Ergänzung: in unserer Waldorfschule haben wir seit Jahren eine Jazzband… selbstverständlich.
Lieber Herr Vögele, Ihre themenbezogenen Funde finde ich ganz ausgezeichnet, vielen Dank! Ihr Frank Hörtreiter
Tatsächlich ging es Steiner ja immer um ein Gegengewicht und nie um eine Gegnerschaft. Das ist in dem Artikel gut dargestellt.
Ich würde mich freuen, wenn zum Rassismusvorwurf eine ebenso glückliche Darstellung erfolgt. Es gibt zahlreiche Textstellen, in denen Steiner den Nationalismus als einseitig und ausgelebt v edrurteilte und vor allem den Hinweis, dass alle Menschen aus einem Ursprung sind, sich Rassen erst bildeten, nachdem sich die Sonne von der Erde trennte und Seelen, die sich nicht mehr auf der Erde verkörpern konnten, andere Planeten zum Wohnsitz hatten. Bei der Rückkehr auf die Erde brachten diese Seelen verschiedene "Färbungen" mit, die aber nach der atlantischen Zeit keine Rolle mehr spielen.
Der Entschluss in Dornach mit Menschen aus vielen Nationen zu bauen ist der deutlichste Beweis für das menschheitliche Bewusstsein, das Steiners Ausführungen kennzeichnete.
Ich danke Ihnen, dass Sie die anthroposophischen "Quellen" ausführlich kennzeichneten.
Barbara Tesche-Turck
Auf der einen Seite etwas traurig, dass es solcher Aufsätze bedarf. Andererseits können solche thematischen Bündelungen schön aufzeigen, dass Anthroposophie komplett im Hier und Jetzt verankert ist. Wer sich derzeit alles als Anthroposoph outet oder darstellt, ist mitunter extrem befremdlich. Solche Texte sollten eigentlich diesen menschen gegenübergestellt werden.